Ein ehemaliger Hacker schlägt Alarm: Quantencomputer könnten die Sicherheit von Bitcoin und anderen Blockchains in Zukunft grundlegend bedrohen. David Carvalho, CEO von Naoris Protocol, warnt im Interview davor, dass viele die Gefahr unterschätzen. Der Wettlauf gegen die Zeit habe bereits begonnen – doch große Teile der Branche seien noch nicht vorbereitet.
Quantencomputer sammeln heute, entschlüsseln morgen
Laut Carvalho ist der wichtigste Punkt nicht, wann Quantencomputer die heutigen Verschlüsselungen knacken können, sondern dass Daten bereits jetzt gesammelt werden. Cyberkriminelle und staatliche Akteure verfolgen das Prinzip „Harvest now, decrypt later“. Sie speichern verschlüsselte Daten mit dem Ziel, sie später – mit ausgereifter Quantenhardware – zu entschlüsseln.
Zwar ist die aktuelle Technik noch nicht in der Lage, den Bitcoin-Algorithmus SHA-256 oder die ECDSA-Signaturen zu knacken. Doch Carvalho betont, dass technologische Durchbrüche oft plötzlich kommen – besonders in Kombination mit künstlicher Intelligenz . Auch wenn viele Entwickler hoffen, noch genug Zeit für einen Umstieg auf quantensichere Verfahren zu haben, sieht er den Handlungsdruck bereits jetzt.
Die Bedrohung sei nicht nur theoretisch: Bereits heute beginnen Gegner, Blockchain-Daten zu analysieren und zu archivieren. Sollte es eines Tages möglich sein, alte Wallet-Schlüssel zu entschlüsseln, könnten innerhalb kürzester Zeit große Mengen an Bitcoin ( BTC ) bewegt werden – unbemerkt und nicht nachvollziehbar.
Kombination aus Quantencomputing und KI als größtes Risiko
Die größte Gefahr sieht Carvalho nicht im klassischen Brute-Force-Angriff, sondern in der Kombination aus Quantencomputing und künstlicher Intelligenz. Diese könne Angriffe ermöglichen, die leise, gezielt und schwer nachvollziehbar sind. Ein Angreifer müsste nicht laut in ein System eindringen – er könnte es still von innen heraus manipulieren.
Ein Beispiel: Ein altes Wallet mit Bitcoin wird nach Jahren plötzlich leergeräumt, ohne dass jemand erklären kann, wie der private Schlüssel kompromittiert wurde. Laut Carvalho wird es keinen Countdown geben, keine Vorwarnung. Die Gelder werden verschwinden – und das Vertrauen in das System gleich mit.
Besonders kritisch ist, dass viele Bitcoin-Adressen aus der Frühzeit der Kryptowährung noch immer in veralteten Formaten gespeichert sind. Diese sind besonders anfällig für spätere Angriffe, sobald die Technologie leistungsfähig genug ist.
Carvalho fordert daher mehr Bereitschaft in der Branche, sich mit der Bedrohung auseinanderzusetzen und Schutzmechanismen zu entwickeln. Projekte wie Naoris Protocol wollen helfen, die Blockchain-Infrastruktur auf ein post-quantenfähiges Niveau zu bringen. Doch bislang fehlt es aus seiner Sicht an Tempo und Bewusstsein.
Der Experte warnt: Wenn die Industrie nicht rechtzeitig reagiert, könnte es zum »stillen Zusammenbruch« kommen – einem schleichenden Verlust an Vertrauen, der das gesamte System destabilisiert.